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Nachruf auf meine Lieblings-Bäckerei

30. Juni 2024
Bäckerei Eckerich Brotkarte
Foto: Sven E. Hofmann

Am 29.06.24 hat meine Lieblingsbäckerei Eckerich für immer ihre Türen geschlossen. Keine Hildegard, kein Uriges, kein Weißbrot, kein Fladenbrot, kein Eierweck, keine Teilchen mehr. Insolvent, Ende, aus, vorbei.

Die Nachricht hat mich getroffen.

Vielfalt adé! Ein weiteres Stück Ess-Kultur und Ambiguität verloren! Ein gesellschaftliches, kapitalistisches, aber auch ein Intelligenz-Problem.

Ich bin traurig über solche Verluste. Auch wütend. Sie sind weitestgehend von uns Konsumenten verursacht und von großen Unternehmen, die die kleinen gnadenlos vernichten.

Standortsicherung – so auch hier! Auf der einen Seite eine kleine schnuckelige, vielleicht zu unscheinbare, ein wenig aus der Zeit gefallene Verkaufsstelle einer seit sechs Generationen im Rheingau verwurzelten Traditionsbäckerei mit leckeren, (für mich) bekömmlichen Produkten. Keine 30 Meter weiter eine Verkaufsstelle von Schrör (Dies könnte genauso auch Dries, Schäfer oder wie sie alle heißen sein), die meiner Meinung nach schon lange nicht mehr sind, was sie vorgeben zu sein. Bei Schrör Mit 50 Verkaufsstellen und über 400 MitarbeiterInnen (Quelle:https://www.backhaus-schroeer.de/unternehmen/unternehmensuebersicht/) ist man wie bei anderen großen Bäckereien in der industriellen Fertigung angelangt und bei Teigrohlingen gelandet, die vor Ort in den Filialen (fertig)gebacken werden. Die Qualitätsversprechen mag man glauben und ich möchte hier auch kein bashing gegen ein einzelnes Unternehmen betreiben. Mir schmecken die Produkte all dieser „Bäckereien“ nicht wirklich und ich vertrage sie auch nicht.

So kommt dann Otto/Ottilie NormalverbraucherInn und geht anstatt zum traditionellen Bäcker, zu einer Kette einkaufen (Ach, den Namen kenne ich, das sind doch die vom Plakat, für die wird doch in der LAW-Gruppe immer unverblümt Werbung gemacht und die sollen ja ein ach so tolles Brot backen) oder nimmt im Supermarkt/Discounter Brot mit, weil es einfacher mit dem Einkauf zu erledigen ist. Ach, und wenn wir gerade dabei sind: Die Metzgerei gegenüber hat auch schon die Fahne gestrichen und geschlossen. Puh. Mir wird graus.

Ambiguität – wo bleibt sie? Auf der Strecke. Dabei sind Ambiguität genauso wie Teig nicht nur schöne Worte. Wir Verbraucher hätten es in der Hand, und es wäre so einfach. Ich möchte in 10 oder wahrscheinlicher schon in 5 Jahren kein Fabrikbrot essen müssen, weil es keine klassischen #Bäckereien mehr gibt. Wo ist und bleibt unser Anspruch, unsere Kultur als brotliebendes und brotessendes Land?

#sogehtdasnichtweiter

Hier sollten wir als VerbraucherInnen gegensteuern und ortsansässige Traditionsunternehmen stärken und unterstützen. Zum einen würden die Preise bei den wenigen verbleibenden nicht ins Unermessliche steigen, zum anderen würden Arbeitsplätze und Ambiguität erhalten bleiben.

Mir tun auch die Menschen leid, die durch die Schließung ihren Job verloren haben. Ich wünsche allen das Beste und hoffe, dass sie zeitnah wieder unterkommen.

Vielleicht muss auch ein Umdenken bei den Traditionsunternehmen stattfinden, um (emotional) noch näher an die Verbraucher heranzukommen.

Wir werden ein weiteres Artensterben beobachten können – gleichzeitig glaube ich, dass nur eine Individualisierung und Spezialisierung eine Zukunft haben wird. Am Ende kommen wir vermutlich wieder beim ganz Alten an: Biete ein Brotabonnement an, um planen zu können, nimm den Einkaufszettel der KundInnen entgegen, die dann zur Abholung vorbeikommen, biete einen Lieferservice mit dem Lastenrad an, usw. Ich kann mich auch noch erinnern, wie der Kartoffel- oder Milchmann mit dem Wagen durch die Straßen fuhr, seine Glocke läutete und die Anwohner am Fenster ihre Körbe am Seil nach unten ließen. In Zeiten der Verkehrswende und des gewünschten Verzichts aufs Auto nicht weit hergeholt. Alte Ideen modernisiert in die Neuzeit zu übertragen ist sicher nicht abwegig.

Bis es soweit ist: Wo bekomme ich jetzt mein Brot her?

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