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Resilienz-Washing – Lächeln statt Lösungen

Keep smiling - or not!
2. März 2025
smile

Hast Du heute schon gelächelt? Nein? Dann wird es aber höchste Zeit! Denn laut der neuesten Resilienz-Mail Deines Unternehmens-Resilienz-Teams liegt die Lösung für stressige, respektlose Kund:innen oder toxische Kolleg:innen und fehlende Pausen nicht etwa in besseren Arbeitsbedingungen, sondern in Deinem Gesichtsausdruck. Also bitte: Schnell den Spiegel vorhalten und hoch mit den Mundwinkeln! Sonst bist Du am Ende noch selbst schuld an Deiner Erschöpfung.

Willkommen im Zeitalter des Resilienz-Washings – einer wunderbaren Strategie von Unternehmen, um strukturelle Missstände unter dem Mantra der Selbstoptimierung unter den Yoga-Teppich zu kehren und unsichtbar zu machen. Anstatt sich um die eigentlichen Probleme zu kümmern, erhalten Mitarbeitende wertvolle Tipps:

  • „Trink doch mal ’nen Tee!“ (während der unbezahlten Überstunden)
  • „Mach mal Atemübungen!“ (während Du wieder beleidigt wirst)
  • „Denk immer positiv!“ (während Dein Arbeitspensum verdoppelt wird)

Und falls das nicht hilft, gibt es noch den monatlichen Resilienz-Newsletter. Inhalt: Ein Pinterest-Spruch über Achtsamkeit, ein Bild von einer Blume und die Aufforderung, den Stress nicht zu nah an sich heranzulassen. Toll! Endlich eine einfache Antwort auf komplexe Arbeitsbedingungen. Warum auch Lösungen anbieten, wenn man einfach an der Wahrnehmung der Betroffenen schrauben kann?

Die perfide Botschaft dahinter: Du bist selbst schuld, wenn du leidest und im Burn-Out landest. Nicht etwa die fehlende Personaldecke, der zunehmende Termindruck, die Verdichtung der Arbeit, die ständige Erreichbarkeit oder die mangelnde Wertschätzung – nein, es ist deine mangelnde Resilienz! Wer genug Achtsamkeit praktiziert, sollte schließlich auch in der toxischsten Arbeitsumgebung seelenruhig bleiben wie ein Zen-Mönch. Falls nicht: Selbst schuld.

Die wahre Resilienz wäre allerdings, diesen Unfug zu durchschauen und sich nicht an der Nase herumführen zu lassen. Also: Grenzen setzen, Missstände benennen – und falls nötig, die Konsequenzen ziehen. Denn das effektivste Resilienz-Training ist immer der Blick auf die eigenen Werte. Und die haben mit einem erzwungenen Lächeln nichts zu tun.

02.03.2025

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